Der Personalabbau in der deutschen Industrie und in industrienahen Dienstleistungen betrifft zunehmend hochqualifizierte Beschäftigte in sogenannten White-Collar-Bereichen. Ob in der Automobilbranche, der IT oder im Kommunikationssektor – quer durch alle Branchen werden Stellen in Vertrieb, Forschung & Entwicklung sowie technischem Support gestrichen. Besonders betroffen sind Standorte in Deutschland, während zentrale Funktionen in sogenannte „Best-Cost-Countries“ verlagert werden.
Verlagerung strategischer Funktionen ins Ausland
In vielen Unternehmen verbleiben in Deutschland mittelfristig nur noch Positionen mit direktem Kundenkontakt – etwa Solution Consultants im Pre- und After Sales oder spezialisierte Entwicklungsteams für komplexe Produkte. Dagegen werden Standardentwicklungen, Programmieraufgaben und der IT-Support systematisch ins Ausland verlagert – etwa nach Osteuropa, Indien oder Südostasien. Die Umsetzung erfolgt meist still und schrittweise – über Altersteilzeitregelungen, Aufhebungsverträge oder Freiwilligenprogramme. Dadurch gehen zentrale Kompetenzen verloren. Der Rückzug betrifft nicht nur die Produktion, sondern auch das technologische und vertriebliche Rückgrat vieler Unternehmen.
„Mir reicht es jetzt“ – IG Metall warnt vor strukturellem Substanzverlust
„Was wir derzeit erleben, ist ein Rückbau von Wertschöpfung und Know-how in Deutschland – nicht punktuell, sondern strukturell“, warnt Dinah Trompeter, Geschäftsführerin der IG Metall Düsseldorf-Neuss. „Während in der Produktion öffentliche Aufmerksamkeit entsteht, bleibt der schleichende Abbau in den hochqualifizierten Bereichen oft unbemerkt. Auf nahezu jeder Betriebsversammlung in der Region ist das Thema präsent. Ob Nokia, Vodafone, ZF oder Parker Hannifin – viele Beispiele aus unserer Region zeigen, wie weit die Entwicklung schon vorangeschritten ist. Mir reicht es jetzt. Ich möchte, dass die Politik erkennt, dass hier dringend gehandelt werden muss.“
Laut IG Metall droht nicht nur der Verlust von Arbeitsplätzen – sondern eine Erosion industrieller Kernkompetenzen. Unternehmen, die heute noch in Deutschland entwickeln oder IT-nahe Services bereitstellen, geraten zunehmend unter Druck durch Wettbewerber aus den USA und China.
„Wenn wir diesen Trend nicht stoppen, sind bald auch die Kundenbeziehungen nicht mehr vor Ort. Ohne Innovationskraft und Nähe zum Markt geraten wir in eine Abwärtsspirale. Wir brauchen eine europäische Antwort auf diese Standortverlagerungen. Das Potenzial ist da – was fehlt, ist eine klare industriepolitische Strategie“, so Trompeter.
Forderung nach aktiver Industriepolitik
Die IG Metall fordert eine aktive und vorausschauende Industriepolitik, die Wertschöpfung in Deutschland und Europa sichert. Dazu gehören:
- Eine eigene europäische Investitionsoffensive – in Bildung, Innovation und insbesondere in die Digitalwirtschaft und Künstliche Intelligenz
- Standortförderung für forschungs- und entwicklungsnahe Tätigkeiten
- Eine innovationsorientierte Wirtschaftspolitik, die Unternehmen bei der Transformation unterstützt.
- Europäische Lokalisierungsvorgaben
- Europäisches Bekenntnis zu Schlüsselindustrien und Leitmärkten
„Es geht nicht nur um einzelne Arbeitsplätze – es geht um die Zukunftsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland“, betont Trompeter.
Die IG Metall Düsseldorf-Neuss wird dieses Thema in den kommenden Wochen verstärkt in die öffentliche und politische Diskussion einbringen – als Interessenvertretung der Beschäftigten und als Stimme für eine starke industrielle Basis.