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Energieintensive Industrie braucht stabile Rahmenbedingungen

Freitag, 25.03.2022 | Aktuelles

 

Die vergangenen Wochen waren geprägt von den schrecklichen Bildern des russischen Überfalls auf die Ukraine. In diesen herausfordernden Zeiten müssen wir uns als Europäer:innen auf unsere unverrückbaren Grundwerte der Solidarität, Freiheit und Demokratie stützen – und Verantwortung übernehmen. Die IG Metall, die IGBCE und die IG BAU rufen wie alle DGB-Gewerkschaften zu Friedensdemonstrationen auf und unterstützen Geflüchtete.

Neben den humanitären und politischen Herausforderungen in Europa sind wir auch mit massiven wirtschaftlichen Auswirkungen konfrontiert. Der jüngst begonnene Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat zu einer weiteren, drastischen Verschärfung der Energiepreisentwicklung geführt. Zudem beeinträchtigt dieser Krieg die Versorgungssicherheit. Alle Verbraucher:innen in Deutschland werden in diesen Tagen durch steigende Preise belastet, vor allem geringe und mittlere Einkommen.

Eine besondere Betroffenheit besteht aber auch bei den energieintensiven Verbrauchern in der Industrie. Die vorzeitige Abschaffung der EEG-Umlage ist ein richtiger Baustein zur Entlastung. Die Bundesregierung muss die energieintensiven Branchen jetzt aber mit zusätzlichen schnellen und zielgenauen industriepolitischen Maßnahmen unterstützen, um den Industriestandort langfristig zu sichern.


IGBCE, IG METALL und IG BAU FORDERN DAHER:

KURZFRISTIG

  • Liquiditätshilfen für besonders betroffene Betriebe müssen bereitgestellt werden, um Insolvenzen zu verhindern
  • Ein derzeit diskutiertes Embargo für russische Energieimporte bewerten IG Metall, IG BCE und IG BAU mit Blick auf die sozialen und ökonomischen Konsequenzen als äußerst kritisch. Sie rufen die Bundesregierung deshalb dazu auf, einen kurzfristigen Lieferstopp abzuwenden
  • Die Möglichkeit der Kurzarbeit bei Produktionsdrosselungen wegen zu hoher Energiekosten muss bestehen
  • Energiekosten begrenzen durch eine befristete Senkung der Mehrwertsteuer auf Strom und Gas
  • Schnelle Umsetzung von Klimaschutzverträgen (Carbon Contracts for Difference)
  • Windfall-Profits regulieren. Der liberalisierte Energiemarkt ist sowohl aktuell von den Kriegsfolgen als auch langfristig von der Transformation zu Treibhausgasneutralität überfordert. Er muss neu geregelt werden
     

MITTEL- UND LANGFRISTIG

  • Ausbau Erneuerbare Energien nochmals beschleunigen, z.B. durch eine Ausweitung der Ausschreibungsmengen im Erneuerbare-Energien-Gesetz
  • Planungs- und Genehmigungsverfahren und die Umsetzung von Projekten insbesondere zum Ausbau erneuerbarer Energien, sowie Repowering müssen beschleunigt werden
  • Industriestrom und Industriegas zu international wettbewerbsfähigen Preisen (Deckelung)
  • Wasserstoff Auf- und Ausbau forcieren. Bis zur ausreichenden Verfügbarkeit von Wasserstoff wird eine Brücke aus Gas und Kohle mit diversifizierter Sicherung des Bedarfs aus anderen Importländern als Russland nötig sein. Dabei ist zu prüfen, inwieweit Gas aus heimischen Quellen unter Berücksichtigung ökologischer Kriterien vermehrt genutzt werden kann. Eine Verringerung der Nutzung fossiler Energieträger muss unvermindert angestrebt werden.
     

BESTEHENDE RAHMENBEDINGUNGEN ANWENDEN UND NICHT VERSCHÄRFEN:

  • Spitzenausgleich (§10 StromStG) erhalten (läuft Ende 2022 aus)
  • Bestehende Strompreiskompensation im ETS erhalten
  • Ausgleichsmechanismus nach §55 KVBG anwenden
  • Zuschuss zu den Netzentgelten in § 24a EnWG anwenden
  • Entscheidungen zu CBAM und ETS in der EU mit einem fest definierten Überprüfungszeitpunkt in einem Review-Verfahren versehen. Die Entscheidung über das weitere Abschmelzen der ETS-Zertifikate ist an dieses Verfahren zu koppeln.

 

Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall:
„Geschlossene Wertschöpfungsketten sind für den Wirtschaftsstandort Europa von grundlegender Bedeutung. Die Stahlindustrie steht als Grundstoffindustrie am Beginn dieser Wertschöpfungskette und sichert gemeinsam mit der weiterverarbeitenden Industrie die industrielle Basis. Darum ist es für den Erhalt guter Arbeitsplätze – weit über die Stahlbranche hinaus – entscheidend, jetzt eine industriepolitische Antwort auf die bedrohlich steigenden Energiepreise zu finden. Dabei darf es keine Denkverbote geben. Wir fordern die Bundesregierung auf, beispielsweise Liquiditätshilfen für besonders betroffene Betriebe und die Absicherung der Beschäftigten bei Produktionsdrosselungen wegen zu hoher Energiekosten ernsthaft zu prüfen.“

 

Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE:
„Wir müssen jetzt sehr aufmerksam auf Sicht fahren und alles an Energiekapazitäten nutzen, was wir noch haben. Es gilt, die Produktion wichtiger Güter etwa des täglichen Lebens, der Energiewende oder des dringend nötigen Wohnungsbaus aufrechtzuerhalten. Explodierende Energiepreise, vor allem aber ein mögliches Gasembargo würden die energieintensive Industrie – die Mutter des industriellen Netzwerkes – hart treffen. Die Folgen wären nicht nur Kurzarbeit und Jobverluste, sondern der schnelle Zusammenbruch der industriellen Produktionsketten in Europa – mit weltweiten Folgen. Es muss unser aller Ziel sein, das abzuwenden.“

 

Robert Feiger, Bundesvorsitzender IG BAU:
„Eine leistungsfähige Kalk- und Zementindustrie ist als Basis für die gesamte Bau- und Ausbauwirtschaft mit ihren rund 3,4 Millionen Beschäftigten unverzichtbar. Allerdings ist die Herstellung von Kalk und Zement sehr energieintensiv. Um die Bauwirtschaft am Laufen zu halten, muss die Bundesregierung alles daransetzen, die Energieversorgung auch in der aktuellen Krisensituation sicherzustellen und gegebenenfalls extreme Energiepreissteigerungen abzufedern. Die Bauwirtschaft erweist sich auch in diesen unsicheren Zeiten wieder als Sicherungsanker. So war sie beispielsweise während der Pandemie eine echte Konjunkturlokomotive für die deutsche Wirtschaft. In gewisser Weise hat die Bauwirtschaft auch Systemrelevanz, denn beispielsweise muss der Wohnungsbau vor dem Hintergrund der ankommenden Geflüchteten aus der Ukraine noch mehr intensiviert werden.“
 

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